Kleine Quizmaster auf Orgelentdeckertour
Hannover. Kinderstimmen dringen am Dienstagnachmittag in die bis dahin ruhige Kirche. Als Kantor Jonathan Hiese die Tür zur Neustädter Hof- und Stadtkirche öffnet, tobt die Chorklasse der Wilhelm Raabe Schule vergnügt über den Kirchhof. Sofort strömt die 30-köpfige Schülerschar, begleitet von ihren beiden Patenschülern und den zwei Lehrerinnen in die barocke Kirche. Sie sind sichtlich interessiert, was sie nun erwarten wird. Viele von den Kindern waren schon einmal in dieser Kirche. Auf der Orgelempore hingegen war bis zu diesem Tag kaum einer gewesen.
„Wisst ihr denn, warum die Orgel da oben steht?“, fragt Kantor Jonathan Hiese. Die Kinder schütteln den Kopf. „Die Musik klingt besser, wenn sie von oben kommt. Außerdem sagt man, dass die Musik von den Engeln kommt und die sind ja auch oben.“, erklärt er. Die Kinder grinsen und können es kaum erwarten zum Instrument der Engel zu kommen. Das Gedonner von 60 Kinderfüßen erfüllt die Kirche, als alle eilig die Treppe zur Empore hochlaufen. Kaum sitzt die Klasse auf der geräumigen Orgelempore, flitzen schon die ersten Hände nach oben. Die nächste halbe Stunde ähnelt der Schnellraterunde von Gefragt-Gejagt. Die Quizmaster: die Kinder, der Kandidat: Kantor Jonathan Hiese. Dieser stellt sich mit Bravour all den Fragen der Kinder.
Wie hoch ist die Orgel? Ungefähr 10 Meter.
Was hat sie gekostet? 1,3 Millionen.
Wie viele Röhren (sie meinen Pfeifen) gibt es? Circa 3500 Pfeifen.
Ist der Motor der Orgel umweltfreundlich? Es ist ein Elektromotor.
Warum gibt es dicke und dünne Pfeifen? Damit es unterschiedliche Töne gibt. Je dicker die Pfeife, desto tiefer der Ton.
Wem gehört die Orgel? Der Musikschule Hannover.
Wie oft putzt man eine Orgel? Alle 25 Jahre. Man muss immerhin die ganze Orgel auseinander bauen.
Das sind nur einige der Fragen, die Jonathan Hiese an diesem Tag beantwortet. Aber natürlich stellt auch er welche. „Die Orgel vereint ganz viele Instrumente. Welche fallen euch ein, die man mit der Orgel spielen könnte?“ Sofort melden sich die Kinder. „Gitarre!“ Jonathan Hiese lacht. „Ausgerechnet das Instrument kann die Orgel nicht.“ Aber da kommt ihm schon ein anderes Kind zur Hilfe. „Flöte!“ Jonathan Hiese nickt und lässt sanfte Töne erklingen, die einer Flöte ähneln. Die Chorklasse ist hellauf begeistert. Die Kinder finden eine ganze Reihe an Instrumenten, die man auf der Orgel spielen kann. So spielt Jonathan Hiese ein Fagott, eine Geige oder eine Trompete. Sogar ein Glöckchenklingeln entlockt er der Orgel. Fasziniert schauen die Kinder zu dem kleinen goldenen Stern am oberen Ende der Orgel. Er dreht sich, als die Töne des Zimbelsterns den Raum erfüllen. „Wozu braucht man das jetzt?“, kam die Frage aus der Kindergruppe. Jonathan Hiese muss nicht lange überlegen und spielt die ersten Strophen von ‚Weißt du wie viel Sternlein stehen‘. „Das kenn ich!“, kommt es vielfach von den Kindern. Sie sind sichtlich begeistert von der Klangwelt der Orgel. So bedanken sie sich auch mit einem donnernden Applaus bei Jonathan Hiese.
Dann wird es noch einmal praktisch. Gemeinsam mit dem Kantor entdecken die Kinder auch das Innere der Orgel. Dort zeigt Jonathan Hiese ihnen die vielen Pfeifen. Die Kinder dürfen die Abstrakte, die Verbinder zwischen Pfeifen und Tasten, ziehen. Hohe und tiefe Töne erklingen. Während also immer wieder eine kleine Gruppe an Kindern sich das Innere der Orgel zeigen lässt, verwandelt sich die Empore vor der Orgel in einen lebhaften Spielplatz. Es wird Hochzeit oder Dirigent gespielt – in jedem Fall ist die Orgel und der Kirchraum immer Teil des Spiels.
„Jetzt zeige ich euch noch ein Geheimnis.“ Neugierig folgen alle Jonathan Hiese hinter die Orgel. Er deutet nach oben. „Das sind die größten Pfeifen der Orgel. Aber sie waren zu groß für die Orgel. Deswegen hat man sie hinter die Orgel gebaut. Obwohl sie so groß sind, sind sie aber ganz leise.“, erklärt Jonathan Hiese. Er spielt die beiden Pfeifen. Ein dumpfes Brummen erklingt. „Das hört sich an wie eine Waschmaschine.“, lacht eines der Kinder.
Zum Abschluss hat Kantor Jonathan Hiese noch eine ganz besondere Überraschung. Mit der Klasse im Schlepptau geht er zu der kleinen Orgel auf der Seitenempore. Die bunt bemalte spanische Orgel lässt sich auch heute noch händisch bedienen. Natürlich sind die Kinder sofort leidenschaftlich dabei, als Jonathan Hiese ihnen das Aufziehen des Blasebalgs überlässt. Die Kinder schaffen es tatsächlich genug Luft einzuziehen, damit Jonathan Hiese der Orgel ein paar Töne entlocken kann. So gibt es einen fast königlichen Abschied für die Klasse, als Jonathan Hiese die spanischen Trompeten – die in den Raum ragenden horizontalen Pfeifen – spielt.
Man sieht den Kindern an, dass sie gerne noch geblieben wären. Vor allem, weil ihnen der Kantor versprochen hatte, dass sie selbst noch einmal auf der Orgel spielen dürften. Aber jeder Schulausflug geht einmal zu Ende. Es scheint aber so, dass es nicht lange dauern wird, bis die Chorklasse wieder zu Besuch kommt. Dann wird Jonathan Hiese sicher auch sein Versprechen einlösen und sich all den neuen Fragen der Kinder stellen.
Text: Julia Littmann
Fotos: Anna-Kristina Bauer
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Benjamin Simon-Hinkelmann
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