Wie kommt die Luft nur in die Pfeife?
Steinwedel. „Hier ist ja gar keiner!“, protestieren am Morgen die neun Vorschulkinder der Ev.-luth. Kindertagesstätte St. Petri, als sie in die Kirche kommen. „Doch hier oben!“, lacht Kreiskantor Martin Burzeya und winkt von der Orgelempore. Die Kinder strahlen ihn an. Neben Kreiskantor Martin Burzeya ist an diesem Tag auch Pastorin Kirsten Kuhlgatz bei der Orgelentdeckungsreise dabei.
Diese startet vor dem Altar der St. Petri-Kirche. Martin Burzeya sitzt auf den Altarstufen, die Kinder vor ihm. Gemeinsam mit ihnen blickt er hoch zur Orgel. „Und, was könnt ihr da sehen?“ Es dauert keine zwei Sekunden und schon sprudelt es aus dem Ersten heraus. „Da sind Stäbe, wo Löcher drin sind, und da kommt die Musik raus“, erzählt das erste Kind. „Und das da außen, ist wie beim Klavier“, fügt das nächste Kind hinzu. Martin Burzeya nickt und erklärt den Kindern dann, dass die Zuberbier-Orgel schon über 250 Jahre alt ist. Bis heute haben schon drei Orgelbauer immer wieder an der Orgel Veränderungen vorgenommen.
Dann deutet er auf die vielen Pfeifen und erzählt, dass diese Luft brauchen, damit sie einen Ton von sich geben. „Wenn wir jetzt alle mal ganz kräftig pusten, dann spielt die Orgel vielleicht.“ Sofort machen die Kinder dicke Backen und pusten mit aller Kraft von den Altarstufen aus hinauf zur Orgel. Da, ein Ton! Die Kinderaugen strahlen stolz. Aber dann verrät Martin Burzeya doch, dass er gemogelt hat. Er zeigt den Kindern die kleine Orgelpfeife, die er bis dahin in seiner Jackentasche versteckt hatte. „Vielleicht müssen wir einfach näher an die Orgel, damit das mit dem Pusten funktioniert.“ Die Kinder sind einverstanden und folgen dem Kreiskantor begeistert auf die Empore. „Das wird bestimmt richtig laut!“, grinst eines der Kinder voller Vorfreude.
So sitzen die Kinder ein zweites Mal mit dicken Backen vor der Orgel und pusten. Obwohl sie jetzt alle direkt vor der Orgel stehen, bleibt diese stumm. „Dann müssen wir die Luft wohl anders in die Pfeifen bekommen.“, erklärt Martin Burzeya und führt die Kinder hinter die Orgel. Ein großes Trittbrett ragt dort aus dem Kasten, hinter dem sich der Orgelmotor versteckt.
„Damit kann man den Balg aufziehen. Wollt ihr mir dabei helfen?“ Die Kinder jubeln begeistert. Nacheinander dürfen sie sich alle einmal auf das Trittbrett stellen und sinken ganz langsam nach unten, während der Balg sich aufbläht. Es müssen schon einige Kinder rauf und runter klettern, bis genügen Luft in der Orgel ist, damit Pastorin Kirsten Kuhlgatz der Orgel ein paar Töne entlocken kann.
Was genau dabei im Inneren der Orgel passiert, erklärt den Kindern Martin Buzeya anhand seiner mitgebrachten Orgelpfeife. Er zeigt ihnen, dass die Pfeifen unten mit einem Brett verschlossen sind. „Dieses Brett schiebt sich zur Seite, wenn man ein Register zieht und dann kann die Luft erst an die Pfeifen, um einen Ton zu erzeugen“, erläutert er. Natürlich wollen die Kinder sofort wissen, wie sich das anhört und was die höchsten und tiefsten Töne sind. Aber nicht ohne vorher eine wirklich wichtige Frage zu stellen. „Hast du das schon mal gemacht?“, fragt eines der Kinder. Martin Burzeya lacht. „Ja, ich denke, ich kann ein bisschen spielen.“ Das scheint die Kinder zu beruhigen und sie jubeln, als Martin Burzeya den ersten Ton anspielt. „Noch einen!“, rufen sie und glucksen vergnügt. „Jetzt alle!“, fordern sie. So legt sich Martin Burzeya mit dem Unterarm auf das Manual. Ein schrilles Tonwirrwarr erklingt. Die Kinder lachen lauthals und wollen noch mehr hören.
So demonstriert ihnen Martin Burzeya nacheinander die höchsten und tiefsten Töne der Orgel. „Jetzt müsst ihr euch alle einmal hinlegen“, fordert er die Kinder auf. So liegen die neun Kindergartenkinder dicht aneinandergedrängt auf der Empore und warten gespannt darauf, was gleich passiert. „Merkt ihr den tiefsten Ton?“, fragt Martin Burzeya und drückt mit der Fußspitze eines der Pedale nach unten. Die Empore vibriert und wieder fangen die Kinder an zu lachen.
Dann erklärt Martin Burzeya, dass es unterschiedlich hohe Pfeifen gibt. Er zeigt ihnen die Kleinste und reckt sich, um den Kindern zu demonstrieren, wie viel größer als er die größte Pfeife der Orgel ist. „Früher hat man nicht mit einem Lineal gemessen, sondern mit dem Fuß“, erklärt Martin Burzeya und hält seinen Fuß in die Höhe. „Das sind so dreißig Zentimeter.“ Sofort kommt Protest von Kindern. „So groß sind meine nicht!“ Aber die Kinder lassen sich dann doch erläutern, wie man die Größe einer Pfeife berechnet. „Können wir auch in die Orgel?“, fragt schließlich eines der Kinder. Martin Burzeya muss den Kopf schütteln. „Das geht nicht. Da ist es viel zu eng.“ „Aber wir Kinder passen da rein!“, erklären die Kinder. Sie lassen sich dann aber doch damit vertrösten, dass jeder und jede von ihnen einmal ein Register ziehen und ein paar Töne auf der Orgel spielen darf.
Immer zu zweit klettern die Kinder auf die Orgelbank. Sie sind sichtlich begeistert davon laut spielen zu dürfen. „Soll ich euch jetzt noch einmal etwas vorspielen?“, fragt Martin Burzeya am Ende. Die Kinder nicken aufgeregt. „Dann spiele ich euch etwas von Johann Sebastian Bach. Vielleicht kennt ihr den ja.“ „Ich kenne nur Peter Fox!“, antwortet eines der Kinder. „Mein Bruder heißt auch Johann.“, erklärt ein anderes. Aber am Ende wippen alle begeistert mit den Köpfen, als das Präludium Nr. 1 von Bach erklingt. Jetzt werden sie immer wissen, wer Johann Sebastian Bach ist.
Zum Abschluss hat Martin Burzeya noch eine ganz besondere Überraschung. „Findet ihr den Schatz hier in der Kirche?“ Natürlich, es dauerte nicht lange und schon haben die Kinder die große Kiste gefunden. Darin versteckt sich für jeden und jede eine Orgel zum Bemalen und Basteln. „Ihr seid doch jetzt Orgelentdecker“, erklärt Martin Burzeya. „Cool!“, freuten sich die Kinder, sichtlich stolz und erfüllt von den Erlebnissen.
Text: EMA/Julia Littmann
Bilder: Anna-Kristina Bauer
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Benjamin Simon-Hinkelmann
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