Besichtigung der Orgelbauwerkstatt Ahrend in Leer
Leer. Ein ganz besonderes Erlebnis hatten 15 Kinder des „Lern- und Förderzentrum Am Deich e.V.“ aus Leer am 30.09.2019 im Rahmen der Orgelentdeckertage mit der Besichtigung der Orgelbauwerktstatt Ahrend in Leer. Die Kinder hatten sich bereits in der Schule in 6 Unterrichtsstunden mit dem Thema Orgel befasst, die Orgel in der Lutherkirche in Leer besichtigt und kamen mit großen Erwartungen in die Werkstatt, wo selbst Orgelbauer Hendrik Ahrend überrascht war über das Grundwissen der Schüler. Mehrmals brachte er erstaunt zum Ausdruck: „Das war aber eine gute Frage, solche Fachfragen hätte ich von Schülern nicht erwartet“. Er konnte in seinen Ausführungen bei der Besichtigung der Werkstatt, für die nach Absprache mit den Lehrern 45 Minuten vorgesehen waren, die aber 75 Minuten dauerte, sogar viele Fachbegriffe anwenden, die von den Schülern verstanden und sogar nachgefragt wurden.
Die Führung durch den 1954 von Jürgen Ahrendt gegründeten Betrieb, den Hendrik Ahrend 2005 von seinem Vater übernommen hat, begann im Konstruktionsbüro, wo der Aufbau der geplanten historischen Orgeln in Absprache mit den Auftraggebern, die aus der ganzen Welt kommen, zeichnerisch geplant wird. Diese Planungen sind relativ umfangreich, weil nicht nur das Aussehen der Orgel sondern insbesondere die Platzierung der Pfeifen und die Verlegung der vielen Verbindungen vom Manual und den Registern millimetergenau geplant werden muss.
Millimetergenau ist auch die Facharbeit in den einzelnen Bereichen der Werkstatt, über die große Tischlerei, die Metallwerkstatt und in dem Raum zum Zusammenbau der Orgeln. Alle Arbeiten werden in Handarbeit von den eigenen 11 Facharbeitern, die alle seit vielen Jahren im Betrieb tätig sind, geleistet. Sie werden so vorgenommen, wie sie auch die Orgelbauer vor mehreren 100 Jahren vornahmen. Sorgfalt, Sauberkeit und Präzision prägen das Gesamtbild der Werkstatt, in der zurzeit eine neue Orgel für die Musikhochschule in Tübingen hergestellt wird. Die Arbeiten wurden den Schülern in allen Fachbereichen vorgestellt und eingehend erläutert. Die Bauzeit dieser Orgel beträgt rund ein halbes Jahr, sie richtet sich in der Regel nach der Anzahl der Register und pro Register müssen ca. 50 Pfeifen hergestellt werden, sie wird damit insgesamt rund 1.000 Pfeifen haben. Die Orgel wird in der Werkstatt komplett hergerichtet, zusammengebaut, gestimmt und getestet und wenn alles passt, wird sie in 4 Tagen komplett auseinandergebaut, zum Standort transportiert und dort aufgebaut.
In der Werkstatt werden aber nicht nur neue Orgeln gebaut, es werden auch alte Orgeln renoviert. Neben der neuen Orgel lag z.B. eine rund 300 Jahre alte Orgel aus einer Kirche in Ostfriesland, die vollständig renoviert und im Stil des ursprünglichen Baujahres wieder hergestellt wird. Dabei staunten die Kinder ebenso über die vielen kleinen Bauteile als auch über die große Anzahl von Pfeifen – und jedes einzelne Teil muss überarbeitet bzw. repariert oder ersetzt werden.
Gestaunt haben die Kinder auch über die Größe der Pfeifen, die von wenigen Zentimetern bis mehreren Metern reicht. Die größte jemals in Leer hergestellte Orgelpfeife hatte eine Länge von 8,50 m zuzüglich Fußstück. Für diese Pfeife, die für die Arp Schnitger Orgel in der Jakobi-Kirche in Hamburg hergestellt wurde, mußte sogar eine Wand in der Werkstatt abgerissen werden. Gerne hätten die Kinder auch einmal Pfeifen angefasst, dies war aber aufgrund des weichen Materials, der Blei/Zink-Legierung, nicht möglich.
Die Zeit verging für die Kinder wie im Fluge und sie gingen mit vielen neuen Eindrücken, insbesondere auch bezüglich ihres Vorhabens, die Patenschaft für eine Orgelpfeife (D) für die zu renovierende Orgel in der Kirche in Logabirum zu übernehmen, nach Hause. Eine baugleiche Pfeife mit dem Ton D stellte Herrn Ahrend ihnen vor und sie freuen sich schon darauf, diese in einigen Monaten einmal in der Kirche hören und sehen zu können.
Text und Bilder: Melchert Stromann
Pressekontakt
Benjamin Simon-Hinkelmann
Pressesprecher der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers
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