Das 1x1 der Ott-Orgel

06. Okto­ber 2023 | Pres­se­mit­tei­lung

Han­no­ver. Wie eine Kro­ne erhebt sich die impo­san­te Ott-Orgel im hin­te­ren Teil der Mar­kus­kir­che auf der Empo­re. Die Zwölftklässler*innen der Her­schel­schu­le heben stau­nend den Kopf, als Kreis­kan­tor Mar­tin Diet­ter­le aus dem Kir­chen­schiff nach oben weißt. „Wer war schon mal hier in der Mar­kus­kir­che?“, fragt er. Kaum ein Fin­ger hebt sich. „Und wer war schon ein­mal auf der Orgel­em­po­re?“ Jetzt blei­ben alle Fin­ger unten.
Ein Grund mehr sich das impo­san­te Musik­in­stru­ment aus der Nähe anzu­se­hen, fin­det Mar­tin Diet­ter­le und die Schüler*innen fol­gen dem Kan­tor die stei­ner­ne Trep­pe auf die Orgel­em­po­re. Sie sind merk­lich beein­druckt von dem gro­ßen Instru­ment.
„Jede Orgel gibt es nur ein­mal. Sie wird eigens für den Raum gebaut, in dem sie steht. Denn jeder Raum hat sei­ne eige­ne Akus­tik.“, erklärt der Kan­tor und klatscht in die Hän­de. Der Ton hallt lan­ge von den Wän­den der Kir­che nach. Was das für das Orgel­spiel heißt, demons­triert der Kreis­kan­tor sogleich. Er spielt ein bekann­tes Weih­nachts­tück an, zieht vie­le Regis­ter, Füße und Hän­de tan­zen über Tas­ten und Peda­le. Sofort füllt sich der Kirch­raum mit Musik, die Empo­re vibriert, die Schüler*innen staunen.

„Die Orgel hat schon einen rela­tiv coo­len Sound. Da fühlt man sich ein biss­chen all­mäch­tig. Kei­ne Anla­ge der Welt kommt da mit.“, scherzt der Kan­tor. Jetzt hat er die Auf­merk­sam­keit der anfangs noch schüch­ter­nen Schüler*innen. Mit viel Witz und Humor erklärt und zeigt der Kreis­kan­tor das Zusam­men­spiel von Bla­se­balg, Pfei­fen und Tas­ten. Und da wird’s mathe­ma­tisch. Die Ott-Orgel besteht aus fünf Wer­ken, die über vier Manua­le und ein Pedal ange­spielt wer­den kön­nen. Jedes Manu­al hat 56 Tas­ten. „Das sind 224 Tas­ten plus die Peda­le.“, flüs­tert eine Schü­le­rin ihrem Nach­barn zu. Zu den schier unzäh­li­gen Tas­ten kom­men die vie­len Pfei­fen, die man von außen gar nicht sehen kann. Rund 3600 Pfei­fen ver­ste­cken sich in der Ott-Orgel.
Die Schüler*innen der Her­schel­schu­le stau­nen, als sie mit dem Kan­tor über eine unschein­ba­re Tür links neben der Orgel ver­schwin­den. Plötz­lich ste­hen sie zwi­schen dem Bla­se­balg und den unzäh­li­gen Pfei­fen. Wäh­rend eine klei­ne Grup­pe an Schüler*innen sich hin­ter und in der Orgel tum­melt, sol­len ande­re ein paar Töne spie­len. Kei­ner von ihnen spielt ein Tas­ten­in­stru­ment, aber eini­ge juckt es merk­lich in den Fin­gern ein­mal die Fin­ger über die Tas­ten des mäch­ti­gen Instru­ments glei­ten zu las­sen. Hin­ter der Orgel ler­nen die Schüler*innen wäh­rend­des­sen, wie der Bla­se­balg die Pfei­fen mit Luft versorgt.

Wer will, kann bis ins obers­te Orgel­werk gehen. Eini­ge trau­en sich und stau­nen über den sagen­haf­ten Blick, den man zwi­schen den Pfei­fen in das Kir­chen­schiff hat. „Das ist so hoch. Wie viel da in der Orgel ist, dass kann man sich nicht vor­stel­len.“, staunt ein Schü­ler. Dann wird noch ein­mal flei­ßig gerech­net. Der Kan­tor erklärt, wie die Pfei­fen funk­tio­nie­ren und was eigent­lich die Beschrif­tung auf den Regis­tern bedeu­tet. 8‘ zu Bei­spiel. Das klei­ne Häck­chen steht für Fuß eine alte Maß­ein­heit, die heu­te ca. 30 cm ent­spricht. Jedes Regis­ter wird nach der Län­ge sei­ner größ­ten Pfei­fe und damit sei­nes tiefs­ten Tons ange­ben. „Man rech­net als 8x30. Das sind?“ Die Schüler*innen schwei­gen einen Moment. „2,40 m!“, ruft schließ­lich einer. Genau, die längs­te Pfei­fe des 8‘-Registers ist also 2,40 m. Natür­lich sind nicht alle Pfei­fen gleich lang, sonst gäbe es ja nur einen Ton. Es gilt die Faust­re­gel: Bei Hal­bie­rung der Pfei­fen­län­ge gibt es einen dop­pelt so hohen Ton. „Wie lang ist dann die Pfei­fe des 4‘-Registers?“ „1,20 m“, ertönt die Ant­wort. Und so rech­nen sich die Schüler*innen noch einen kur­zen Moment durch die Pfei­fen. „Gemes­sen wird übri­gens immer ab dem Schlitz.“, erklärt der Kan­tor und zeigt es an einer aus­ge­bau­ten Orgelpfeife.

Wie man die Län­ge der Orgel­pfei­fen berech­net, ist natür­lich nicht das Ein­zi­ge, was die Schüler*innen an die­sem Tag ler­nen. Sie erfah­ren auch, war­um die Orgel als Köni­gin der Instru­men­te bezeich­net wird. Auch das ver­rät das Regis­ter. Denn die Orgel ver­eint so eini­ge Instru­men­te – Block­flö­te, Trom­pe­te oder Posau­ne fin­den sich zum Bei­spiel in ihrer Klang­welt. Oder auch so alter­tüm­lich Instru­men­te wie das Dul­zi­an kann die Orgel „imi­tie­ren“. Die Schüler*innen schmun­zeln über den schnar­ren­den Ton. Zum Abschluss gab es noch ein Kon­zert, ein kur­zer Abriss, vier Töne, aber die wohl­be­kann­tes­te Ton­fol­ge – Beet­ho­vens 1. Satz der 5. Sin­fo­nie. Die Schüler*innen schau­en fas­zi­niert zu, wie die Fin­ger des Kan­tors über die Tas­ten glei­ten. Und dann kön­nen sie es doch nicht las­sen und ein Schü­ler, traut sich noch ein­mal etwas zu spie­len. Der Kan­tor schmun­zelt und beglei­tet. So ist das Abschluss­lied „Alle mei­ne Ent­chen“ – auf der Köni­gin der Instru­men­te ist selbst das Kin­der­lied beein­dru­ckend. Fas­zi­niert ver­las­sen die Schüler*innen die Kir­che. Es war wahr­lich ein Ent­de­cker­tag für die Schüler*innen der 12. Klasse.

Text: EMA/ Julia Litt­mann
Bil­der: Anna-Kris­ti­na Bau­er für VISI­ON KIRCHENMUSIK

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